Der Gesangverein „Eintracht“ feiert 160. Jubiläum, besteht aber schon 205 Jahre!

Im 19. Jahrhundert gab es im damaligen Herzogtum Nassau − wie auch in anderen Herrschaftsgebieten − eine Epoche von Vereinsgründungen. Viele unpolitische Vereine wurden durch die Regierung begünstigt. Offenbar hoffte man, dass Vereine stabilisierend in der Bevölkerung wirkten. Teilweise wurden ihnen sogar staatliche Aufgaben übertragen, denn seit den sogenannten Karlsbader Beschlüssen im Jahr 1819 waren politische Vereinigungen aus Angst der Herrscherhöfe vor Revolutionen verboten. (Die Revolution von 1848 konnte trotzdem nicht verhindert werden.) Wie aus historischen Karten zu entnehmen ist, erstreckte sich das Herzogtum Nassau, das von 1806 bis 1866 bestand, damals über ein Gebiet, das im Westen und Süden von Rhein und Main begrenzt wurde. Die östlichen und nördlichen Bereiche waren Höchst, Usingen, Weilburg, Herborn, Dillenburg und Hachenburg. Grob betrachtet war es das Gebiet der Mittelgebirgslandschaft von Taunus und Westerwald mit einer Entfernung von West nach Ost von ca. 80 km und von Nord nach Süd von ca. 100 km sowie einer Ausdehnungsfläche von 4855 km².

Die Zusammenhänge der Entstehung der „Eintracht“ sind von dem (+) Historiker Walter Lutz, Lehrer für Deutsch und Geschichte an der Tilemannschule, im Festbuch „Ein Männerchor und seine Heimatstadt“, wiedergegeben, das zum 125-jährigen Jubiläum im Jahr 1988 vom Verein herausgegeben worden war.

Der Gesangverein „Eintracht Limburg 1863“ ist nicht nur der älteste aktive Gesangverein der Kreisstadt, sondern kann mit Fug und Recht behaupten, der älteste Gesangverein des Landkreises und weit darüber hinaus zu sein. Die „Eintracht“ ist zwar nicht direkt erwähnt, ein indirekter sauberer Beweis lässt sich aber trotzdem führen. Der Gesangverein „Concordia“, den es in Limburg gab, wurde im Jahre 1818 gegründet – ein genaues Datum ist nicht bekannt − und bestand somit schon zehn Jahre bevor die „Sängervereinigung Herborn von 1828“ gegründet wurde, über die bei einer Ausstellung „Herzogthum Nassau 1806 – 1866“ berichtet wurde, dass diese „die erste Gesang-vereinigung des Nassauer Landes“ sei. Die damals noch „neue Eintracht“ ist wahrscheinlich deswegen nicht erwähnt worden, weil sie das Vereinigungsjahr 1863 in ihren Namen aufgenommen hatte und deswegen nicht als schon „länger bestehend“ bewertet worden war. Die „Concordia Limburg“ von 1818 ist im Jahre 1863 durch den Zusammenschluss mit dem 1827 gegründeten Limburger „Domgesangverein“ mit einer gleichzeitigen Umbenennung im „Gesangverein Eintracht 1863“ aufgegangen, die „Hochzeit“ fand am Montag, dem 13. April 1863, im Saal der Gaststätte Johann Hilf, dem heutigen „Weinhaus Schultes“ an der Plötze statt. Somit stehen sowohl der Männer-gesangverein „Concordia“ von 1818, als auch der „Domgesangverein“, der 1827 aus einem schon bestehenden Pfarrchor entstanden war, mit der „Eintracht“ nicht nur in einem Verhältnis der Rechtsnachfolge, sie sind sogar identisch. Die übersetzte Namensgleichheit − Concordia = Eintracht − kann kein Zufall sein! Diese Identität lässt sich auch durch Akten von gerichtlichen Auseinandersetzungen belegen. Nach über 160 Jahren ist es leider nicht mehr möglich, aber auch müßig, Gründe zu suchen, warum die Gründerväter der „Eintracht“ das „Geburtsjahr“ 1818 der „Concordia“ nicht übernommen haben. Schade, heute hätte das Gründungsjahr im Vereinsnamen sicher mehr Gewicht. Außerdem sind die Gründungs-urkunde und vielleicht erstellte Protokolle nicht mehr vorhanden, weil sie im Frühjahr 1945 einem Bombenangriff zum Opfer gefallen sind. Die „Eintracht“ hat den Sangesbetrieb immerhin seit dem Jahr 1818 bis heute 205 Jahre lang mit Unterbrechungen durch Kriegszeiten durchgehend ausgeübt. Es gibt sicherlich nur wenige Gesangvereine, die so etwas von sich behaupten können. In diesem Zusammenhang ist es noch vielleicht interessant, dass die Eintracht damals als „Gesangverein“ entstanden ist, Die Bezeichnung „Männergesangverein“ kam erst später, und wie das im Leben nun mal ist, ist der Zusatz durch Sachzwänge bedingt auch wieder verschwunden. Man sollte jedoch froh darüber sein, was würde man ohne die vielen Sängerinnen noch leisten können!

Am 13. April 20Collagen 2 web23, am 160. Gründungstag, trafen sind interessierte Sängerinnen und Sänger an dem historischen Ort, an dem alles begann und die „Eintracht“ „geboren“ wurde, nämlich im ansprechend restaurierten, wenn auch verkleinerten Saal im Weinhaus Schultes in froher Runde, um das Ereignis zu würdigen. Präsident Richard Sauer begrüßte die Anwesenden herzlich. Nach einem Gedenken an zwei kürzlich verstorbene Mitglieder erinnerte er kurz an den Grund und die Bedeutung des Tages und Ortes der heutigen Zusammenkunft. Großformatige Lithographien des Kaiserpaares Wilhelm II. und seine Gemahlin, Kaiserin Auguste Viktoria, blickten streng aus den Bilderrahmen an der Stirnwand des Raumes. Offensichtlich hing deren Haussegen bei deren Portraitieren schief, sie hängen nämlich voneinander abgewandt Rücken an Rücken. Möglicherweise hatte der Kaiser wieder einmal Meinungsverschiedenheiten mit seinem Kanzler Bismarck, dem Architekten des Kaiserreichs, zumal ihre Zusammenarbeit gerade mal knapp zwei Jahre währte. Doch das störte die Sängerinnen und Sänger nicht weiter. Es wurde gesungen, geredet und gelacht, getrunken und gegessen. Für den verhinderten Chorleiter David Fritzen hatte Thomas Krah die musikalische Leitung übernommen.

Dieses Treffen in gepflegtem gastlichem Umfeld bildete den der Auftakt zu weiteren geplanten Ereignissen anlässlich des „Eintracht“-Jubiläums, dem ein Empfang im Vereinsheim und ein Konzert im September folgen werden.